Ganz im Zeichen der "Inklusion" stand die Frühjahrssynode des evangelischen Dekanats am 28. Februar: Vertreterinnen und Vertreter der Kirchengemeinden und Einrichtungen berieten in Roth über die Möglichkeiten, Menschen mit Einschränkungen in ihrem Alltag zu unterstützen. Einen „Meilenstein für die Inklusion“ nannte Dekan Klaus Stiegler die Sitzung des kirchlichen Parlaments, mit der das Thema endgültig in der kirchlichen Öffentlichkeit angekommen sei.
Neun Menschen eröffneten das Treffen mit einer beeindruckenden Andacht. Dabei wurde deutlich, dass jeder Mensch in seinem Umfeld an Grenzen stoßen kann. „Wir alle haben Einschränkungen, mit denen wir leben müssen“, unterstrich Dr. Paul-Gerhard Rösch aus Roth im Gespräch. Als Beauftragter für Inklusion im Dekanat hat er bereits zahlreiche Menschen dafür gewonnen, sich mit ihm für das Thema zu engagieren. Ein kirchlicher Arbeitskreis setzt sich unter seiner Leitung damit auseinander, wie Inklusion im Alltag Wirklichkeit werden kann. Dabei arbeiten Menschen mit sichtbarer Behinderung mit scheinbar Nicht-Behinderten eng zusammen.
Einschränkungen wahrnehmen
Stephanie Stöckl von der Rummelsberger Diakonie nahm in ihrem Referat vor der Synode die verschiedenen Seiten der „Barrierefreiheit“ in den Blick. Dabei gehe es nicht nur darum, bei Bauprojekten an Gehbehinderte zu denken oder in Kirchen Einrichtungen für Schwerhörige vorzusehen. „Inklusion heißt, dass alle mit ihren Einschränkungen wahrgenommen werden“, betonte Stöckl. Deshalb müssten Mütter mit Kinderwagen genauso einbezogen werden wie Menschen mit Lernbehinderung oder Flüchtlinge, die nur eingeschränkte Sprachkenntnisse besitzen. Stöckl wies darauf hin, dass immer weniger Menschen komplizierte Sätze verstehen können und erklärte, wie hier mit „leichter Sprache“ gegengesteuert werde kann. Mit dem Netzwerk „capito“ bietet die evangelische Kirche Beratung und Unterstützung nicht nur zu diesem Punkt „Inklusion“ im Alltag an.
An verschiedenen Stationen konnten die Mitglieder des Synode einen Eindruck davon gewinnen, was Leben mit Behinderung heißt. Ein Rollstuhlparcours stellte manchen bereits in dem (weitgehend behindertengerechten) Haus vor überwindbare Hindernisse, ein Spaziergang mit Rollator zeigte, wie schwer es ist, mit dieser Gehhilfe unterwegs zu sein. Ein Café im Dunkeln machte deutlich, was es heißt blind zu sein, ein „Altersanzug“ vermittelte ein Gefühl für Gebrechlichkeit.
Sinnvolle Umsetzung
Die Vertreter der Kirchengemeinden und Einrichtungen diskutierten, wie Inklusion sinnvoll zu realisieren sei. Dabei wurde deutlich, dass nicht alle erkannten Herausforderungen zugleich angegangen werden und Inklusion nicht bis zur Perfektion umgesetzt werden könne. Allein das Bemühen darum verändere jedoch schon das Denken der Menschen, erklärte Dekan Stiegler zum Abschluss der Synode. "Es sind die kleinen Veränderungen in uns selbst, die das Thema immer weiter bringen". Auch wenn Inklusion nur Schritt für Schritt vorankomme, sei es doch der gemeinsame Weg, der ein Bewusstsein in der Gesellschaft wachsen lasse.
Der Dekanatssynode, die zweimal jährlich tagt, gehören 72 Mitglieder an. Sie vertreten die 26 Kirchengemeinden im Dekanat und die kirchlichen Einrichtungen in der Region. Immer im Frühjahr steht das Treffen des kirchlichen Leitungsgremiums unter einem Thema, das für das kirchliche Leben von Bedeutung ist. Im Herbst steht mit dem Bericht des Dekans eine Bestandsaufnahme über die Arbeit vor Ort im Mittelpunkt.
Engagement in der Region
Nicht von ungefähr kam die Synode zum Thema „Inklusion“ in Roth zusammen. Neben dem Dekanatsbeauftragten Dr. Paul-Gerhard Rösch, fördert auch der Rother Pfarrer Joachim Klenk, früher landeskirchlicher Beauftragter für Gehörlose in Bayern, das Zusammenleben von Behinderten und Nicht-Behinderten nach Kräften. So wird am 4. Juli zum zweiten Mal ein „inklusives“ Sportfest im Dekanat stattfinden: Auch bei „sportissimo“ wird der Schwerpunkt auf das Miteinander der Teilnehmenden gelegt, die aus allen Teilen Bayerns anreisen.